Kernfähigkeiten

Die Verlangsamung im Dialogprozess bietet die Möglichkeit für alle Beteiligten, sich in den sogenannten Kernfähigkeiten im Dialog zu üben. Diese wurden zusammengetragen von Martina und Johannes Hartkemeyer sowie Freeman Dhority in ihrem Buch “Miteinander denken. Das Geheimnis des Dialogs”.

Es sind dies keine Regeln oder Vorschriften, die den Dialogprozess begleiten oder gar erst ermöglichen. Sie dienen einzig dazu, sich in der Selbstbeobachtung auf eine dieser Kernfähigkeiten zu konzentrieren und sich darin zu erproben. Zu den zehn Kernfähigkeiten zählen:

Die Haltung eines Lerners verkörpern

Diese Fähigkeit ermöglicht es uns, wieder neugierig zu sein und unsere kulturelle Konditionierung, als Wissende aufzutreten, abzulegen. Der Zen-Meister Shunryu Suzuki hat es folgendermaßen formuliert: „Im Anfängergeist gibt es viele Möglichkeiten. Im Geist des Experten gibt es wenige“.

Radikaler Respekt

Respekt heißt für uns, die andere Person in ihrem Wesen als legitim anzuerkennen. Respekt ist aktiver als Toleranz: ich bemühe mich darum, die Welt aus der Perspektive des anderen zu betrachten.

Offenheit

Dies bedeutet, die Bereitschaft mitzubringen, offen zu sein für neue Ideen, andere Perspektiven, offen dafür, lang gehegte Annahmen in Frage zu stellen.

Sprich von Herzen

Damit ist gemeint, dass ich von dem spreche, was mir wirklich wichtig ist, mich wesentlich angeht. Ich rede nicht, um rhetorisch zu brillieren, zu theoretisieren, einen Vortrag zu halten. Ich fasse mich kurz.

Zuhören

Hier geht es um qualitatives Zuhören: das heißt, ich lausche dem anderen so vorbehaltlos wie möglich, sowie mit empathischer Zugewandtheit, welche den Sprechenden einlädt, seine eigene Welt vertrauensvoll sichtbar zu machen.

Verlangsamung

Im Dialog wollen wir unseren automatischen gedanklichen und emotionalen Muster auf die Schliche kommen. Ohne Verlangsamungsprozess sind wir dazu kaum in der Lage.

Annahmen und Bewertungen „suspendieren“

Unsere individuell unterschiedlichen Glaubenssätze, Interpretationen und Annahmen liefern den Zündstoff für endlose Missverständnisse und Konflikte. Im Dialog üben wir, unsere Annahmen und Bewertungen offenzulegen und in der Schwebe zu halten.

Produktives Plädieren

Dies ist eine Einladung dazu, die Wurzeln meines Denkens und Fühlens auszusprechen. Ich benenne also nicht nur das „Endprodukt“ (ein Statement), sondern auch die Annahmen, Bewertungen, Vorurteile sowie Beobachtungen, die mich dazu geführt haben.

Eine erkundende Haltung üben

Ich gebe meine Rolle als Wissende/-r auf und entwickle echtes Interesse an dem, was anders ist als ich bereits kenne. Damit ist eine Haltung von Neugier, Achtsamkeit und Bescheidenheit gemeint: „Ich weiß nicht, doch ich möchte gerne mehr darüber erfahren“.

Den Beobachter beobachten

Dies bedeutet, dass ich mich im Dialogprozess selbst beobachte und mich darum bemühe, mir meiner eigenen Denk-, Gefühls- und Reaktionsmuster bewusst zu werden.